Vom Fliegen und Tauchen, von Kaktusfeigen, Mücken und griechischem Salat.

Wir, also Alex und ich, haben ja beschlossen gemeinsam fünf Monate zu reisen und uns dann immer noch sehr zu mögen. So also sieht der Plan aus. Nun sind wir seit etwas mehr als einer Woche in Griechenland – und hier, meine Damen und Herren, der erste Rückblick. Ich habe beschlossen, in diesen Berichten keine Namen zu nennen und ausschliesslich in der 3.Person zu schreiben um genügend Distanz zu wahren und die Intimität der betroffenen Personen zu gewährleisten.

Geflogen sind sie, nach einer komplett schlaflosen Nacht, mit einem Swissflugzeug mit dem Namen Biel/Bienne. Ja, Flugzeuge haben anscheinend tatsächlich Namen. Leider, denn dieser Name löste bei ihm sehr stereotype Bemerkungen aus: Biel ist so schön, Biel, die beste Stadt der Welt,Biel kann alles, Bern sollte mehr wie Biel sein...erhabene Worte eines Exilbielers. Sie jedenfalls, mit solchen Monologen mehr als vertraut, summt ihrerseits ununterbrochen die Sturm& Klangsche Melodie “chömmet doch nach Bärn, äs isch doch gar nid wit...” Der Flug nach Athen verging wirklich sehr schnell.
Kaum am Boden befanden sie sich schon im Bus zum Hafen. Dabei gab es zwei Aufgaben zu bewältigen: Nicht mit dem ganzen Gepäck bei abrupten Stopps durch den Bus zu fliegen (man bedenke, das Kitegepäck ist nur 15cm kleiner und 15kg leichter als sie, man frage also lieber nicht nach blauen Flecken) und gleichzeitig fleissig und unter Zeitdruck die griechischen Buchstaben der Haltestellenschilder mit denen auf dem Plan zu vergleichen. Sie schafften den Absprung im richtigen Moment.
Am Hafen präsentierte sich der organisierte griechische Tourismus von seiner anstrengendsten Seite. Verkaufshäuschen an Verkaufshäuschen, überall gute Freunde, die dir natürlich den besten Preis für alles anbieten und natürlich überall beste Freunde haben, die alles, was sie nicht selbst anbieten, naürlich zum besten Preis anbieten.Und so weiter. Da sie erst um Mitternacht Naxos erreichen würden, buchten sie ein Zimmer über den besten Freund eines Verkaufsfreundes.
Die sechs Stunden auf der Fähre empfand er als öde, sie als angenehm. Es gab nichts zu tun, ausser die anderen Passagiere zu beobachten, aufs Wasser zu schauen, das Gesicht in den Wind zu halten, zu plaudern, zu dösen, die verschiedenen Stockwerke zu erkunden, den Delfinen weit draussen beim Schwimmen zu zuschauen und bei Nacht sich einfach durch das Schwarze treiben zu lassen, orientierungslos und sich ein bisschen fühlen wie auf einem Geisterschiff im Nirgendwo.
Als sie erschöpft spätnachts Naxos erreichten, mussten sie nur das richtige Schild in der Menge von aufgeregt schwenkenden Schildern finden und dem zum Schild gehörenden Mann folgen. Nach kurzer Fahrt im Hotel, der Besitzer hinterlässt Schleimspuren, als er hört, dass sie einen Monat in Naxos bleiben wollen, trägt ihr Gepäck, lässt die anderen Gäste links liegen, lässt sich kaum aus dem Zimmer scheuchen und spricht von noch besseren Preisen, wenn sie gedenken zu bleiben und dass werden sie doch wohl sicher.
Am nächsten Morgen gings weiter. Über einige Umwege erreichten sie schliesslich zwei Tage später Mikri Vigla, ein kleines Dorf an der Küste mit Strand zum Kiten. Dort wohnen sie jetzt in einer kleinen Wohnung bei Margarita, verlieren langsam das Zeitgefühl und leben einfach so und sehr friedlich vor sich hin. Der Wind meint es gut mit ihnen (die Hühner wissen, wie dankbar sie dafür ist) und so verbringen sie die meisten Tage am Strand, er elegant über das Wasser gleitend, sie im ständigen Kampf mit dem Drachen und den Wellen. Und wenn sie dann endlich auf dem Brett steht, dann dauert die schöne Ekstase höchstens 10 Sekunden bis sie unter grossem Getöse, im schlechtesten Fall kopfüber, ins Wasser einsteckt. Manchmal tut das weh, besonders wenn man auf das Brett knallt oder mit dem Ohr auf dem Wasser landet. Dafür ist sie echt wirklich schnell unterwegs, und solange sie steht, hält man sie nahezu für talentiert.
Auf dem Weg zum Strand begegnet man vielen Kaktusfeigen. Als Mädchen hat sie eine solche einmal in den Mund genommen, sie kann sich sehr lebhaft an die Tage danach erinnern, an denen ihre Zunge, ihr ganzer Mund gespickt war mit kleinen, feinen, kaum zu entfernenden Stacheln. Nun, so viele Jahre später, schaut sie sich die Feigen fachmännisch an, sieht nur einige grosse, grobe Stacheln, pflückt die Feige kurzentschlossen mit blossen Händen und ist schliesslich denn Rest des Tages damit beschäftigt, kleine, feine, kaum zu entfernenden Stacheln aus ihren Fingern zu ziehen.
Das Inselleben ist ruhig und gleichmässig, die Saison ist vorbei, letzte Touristen liegen verloren am Strand, sämtliche Hotels und Restaurants sind wie ausgestorben. Und die, die übrig geblieben sind, scheinen zum Teil ein bisschen verrückt, lassen sich zu Dingen verleiten wie öffentliche, splitternackte Handstände. Die Insel ist nicht wirklich hübsch, staubtrocken, viele Hotels, viele nicht beendete Neubauten, die wie Gerippe in den Himmel ragen, hat aber doch ihren Reiz.
Die Abende verbringen sie meistens auf dem Balkon, mit Schach und Ouzo und griechischem Salat und schmerzenden Körperteilen. Wenn es eindunkelt, spätestens aber beim zu Bett gehen, trübt ein aufgebrachter Er die Idylle. Nicht selten jagt er mit Besen, Pfannen und anderen Utensilien kreuz und quer durch die Wohnung, um den kleinen surrenden Mücken den Garaus zu machen. Er, der Starke, Grosse wird nämlich beim Anblick der kleinen Tierchen, oder schon nur bei ihren leisesten Tönchen, richtiggehend panisch. Er springt auf und der Kampf geht los, laut und wild, unter Möbelstücken hindurch, auf Möbelstücke hinauf unter lautem Geschnaufe bis das arme tote Tierchen wie eine Trophäe zu ihr getragen wird. Mit vor Stolz leuchtenden Augen und aufrichtiger Freude, versteht sich.
montedoseixo - 19. Sep, 12:03

Ferien in Griechenland

Liebe Sandra
Ich bin begeistert von Deinem amüsanten Ferienbericht und freue mich schon jetzt auf eine Fortsetzung!!!

Herzlichste Grüsse an Euch beide

Syle (Bernasconi)
Nidau

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