Vom Mikrokosmos

Die Sonne scheint, der Wind bläst. Sie leben auf einem Mikrokosmos Namens Mikri Vigla/ Kitestrand.
Neue Leute reisen an, bekannte Gesichter reisen ab, so manche Geschichte nimmt seinen Lauf.
Sie sind Teil geworden von diesem verschlafenen Nest, nehmen selbst Eigenarten an. Ihr Tagesryhtmus hat sich eingependelt und unterscheidet sich nur selten vom Vortag.
Sie steht meistens vor ihm auf, etwa um 9 Uhr, streckt kurz den Kopf zur Tür hinaus um sich davon zu überzeugen, dass es auch an diesem Tag Wind hat. Nach dem Frühstück gehts vollbepackt zum Strand, den sie erst am Abend wieder verlassen.

Es folgen ein paar Erläuterungen aus ihrer Welt, kleine Eingeständnisse, brisante Details, Dinge, die sie beschäftigen seit sie den Kontakt zur Aussenwelt verloren haben.

Das Kiten:
Die Legende besagt, dass es ein Ding der Unmöglichkeit sei, seinem Partner das Kiten beizubringen. Die Schüler/Lehrer Rolle sei einer Beziehung nicht förderlich. Sie haben solche Aussagen gekonnt überhört. Zu Beginn gab es auch absolut keine Probleme, das Lernen und Lehren stand ganz romantisch im Zeichen der Liebe. Irgenwann begannen sie, ihre Rolle ernst zu nehmen und gekonnt auszufüllen. Er stand mit Sonnenbrille, verschränkten Armen und sichtlich gelangweilt am Strand, während sie sich hoffnungslos im Wasser abmühte. Wenn sie dann, 10kg schwerer ob all dem verschluckten Salzwasser, das Land erreichte, nahm er sie mit den Worten “du hast scheisse gesteuert” in Empfang. Wenn sie anschliessend auf ihn einredete, nach Motivation lechzend, richtete sich seine Aufmerksamkeit auf die, die es schon können, und tat so, als ob er sie nicht höre. Sie ihrerseits mutierte zur unausstehlichen Zicke, was zur Folge hatte, dass der Kite umgehend gelandet wurde und sie sich für ein paar Stunden schweigend trennten. Was das ganze Unterfangen am Ende wahrscheinlich rettete, waren aussenstehende Personen, welche sie unterstützten. Er bekam eine grosse Portion Mitgefühl von anderen kitenden Männern, welche seine Geduld bewunderten und ihm gestanden, sie selbst seien beim Versuch es ihrer Freundin beizubringen, gescheitert. Sie wiederum hatte etliche Zuschauer auf ihrer Seite, welche sie lieb anlächelten, nach einem gelungenen Versuch den Daumen hochhielten und ihre Fortschritte lobten. Und nun das bescheidene Geständnis: Sie ist flügge geworden, selbstständig auf dem Wasser, sie fährt mehr als dass sie taucht – sie fliegt, noch nicht hoch und noch nicht ins Nest zurück – aber sie fliegt... Sie sind beide glücklich darüber.

Der Wind:
Gesprächsthema Nummer eins. Langsam entwickelt auch sie ein Gefühl für ihn. Er ist eine Wissenschaft für sich, es lässt sich herrlich über ihn diskutieren. Und fluchen, wenn es nichts anderes zu meckern gibt. Der Wind ist wie Fernsehen, Internet und die Tageszeitung in einem.

Der Salz-und Pfefferspender:
Er ist klein, handlich, praktisch im täglichen Gebrauch und ein Geschenk (Danke nochmals M.und G.). Er ist alle Tage wieder beliebtes Gesprächsthema von ihnen. Während er bei jeder Benutzung die geniale Technik der Verschlüsse zu loben weiss, hat er für sie eine nahezu philosophische Bedeutung. Wann immer sie ihn auffüllt, überkommt sie ein Anflug von Melancholie, da sie das Schwinden der Salzkörner schmerzhaft an die Vergänglichkeit erinnert. Er ist zur perönlichen Sanduhr geworden, sozusagen.

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Der 12er Kite:
Er gehört ihm, sie nennt ihn Ungeheuer, da er sie, wenn sie ihn hält, fast von den Füssen fegt. Der 12er ist sein Sorgenkind. Wann immer er ihn aufpumpt, zischt es irgendwo und die ganze Luft verflüchtigt sich. So ist es ein ewiges Spielchen, ihn immer wieder an neuen Stellen zu kleben. Er macht dies mit grosser Zärtlichkeit und Hingabe.

Der Bruno und das Brätt Pitt:
So heisst ihr Kite und ihr Board. Sie bildet sich ein, an dem Tag fahren gelernt zu haben, an dem sie sie taufte.

Der Otto:
Otto kommt aus Österreich, er spricht Östereichisch und Östereichisch mit englischen Worten. Er hat blonde, schüttere und lange Haare. Ist der netteste und geduldigste Kitelehrer am Strand. In verzweifelten Momenten hat sie sich schon mehrmals überlegt, bei ihm einen Kurs zu machen. Er beherrscht die Sportart auf souveräne Weise. Seine Spezialität: sehr hohe Sprünge.

Der Brüller:
Er ist braungebrant, blondiert, muskulös, Kitelehrer. Ist der Schüler im Wasser, wird gnadenlos gebrüllt und wild gestikuliert. Schafft es der Schüler irgendwann erschöpft an den Strand zurück, ist gewiss, dass er am nächsten Tag einen Golfkurs bucht.

Die Hackfresse:
Die Hackfresse spezifiziert nicht eine Person, Hackfressen sieht man täglich in verschiedenen Gestalten.Man erkennt sie auf den ersten Blick. Ihnen gehört das Meer, sie sind die Nummer eins auf dem Platz. Vollführen gewagte Sprünge nahe am Strand, spähen während dem Fahren dauernd nach interessierten Zuschauern und knallen gelegentlich bei missglückten Sprüngen den Kite auf den Strand oder manchmal auch auf die Zuschauer. Die Hackfresse ist rücksichtslos, narzisstisch und allem Anschein nach schlecht im Bett.

Der Supermarkt 1:
Dort kaufen sie die Dinge für den täglichen Gebrauch. Mit viel Geduld und einem glücklichen Händchen ersteht sie manchmal Gemüse und Früchte, die noch nicht verfault sind.
Seine Spezialität: Pornografische Filmchen, Heftchen, Spielchen und sogar Souvenirs (nur ein Beispiel, der Rest ist der Fantasie überlassen: Ein Kerzenständer in der Form eines Penisses mit den eingravierten Buchstaben NAXOS) zwischen Radiergummis, Bananen und Reis.

Der Supermarkt 2:
Liegt nahe dem Strand, wenn sie der Hunger zu sehr plagt, kaufen sie dort eine kleine Zwischenverpflegung. Die Besitzer eine Familie mit zwei Kinder. Das jüngste Kind, noch wackelig auf den Beinen, beschäftigt sich damit, alle Regale auszuräumen und die Ware im ganzen Geschäft zu verteilen. Herr und Frau Supermarkt stehen im Krieg, welchen sie auch nicht vor Kundschaft zu unterbrechen gedenken. So kann man friedliebend unter ohrenbetäubendem Geschrei, den beiden Kindern lieb zulächelnd, die Füsse vorsichtig auf dem Boden abstellend, einkaufen. Es braucht ein wenig Überwindung zur Kasse zu gehen, wo man das Wechselgeld von einem schnaubenden Herr Supermarkt vor die Nase geknallt kriegt.

Der Jäger:
Er jagt noch immer wie am ersten Tag, unermüdlich. In seinem Namen darf sie hier einen Rekord bekannt geben: 7 Mücken in einer Stunde! Er hat immer neue Erledigungstaktiken erfunden, welche er ihr dann feierlich vorführt. Ein Beispiel: Die Mücke im Flug mit dem T-Shirt erwischen und sie dann auf dem Boden zertrampeln. Manchmal machte sie sich einen Spass daraus kurz vor dem Einschlafen zu sagen: “Ohh ich höre eine Mücke”. Umgehend wird das Licht angemacht und gesucht. Da sie ihm ein ausgeprägtes Mückengehör vorgaukelte, hörte er blind auf ihre Tipps: “Jetzt ist sie unter dem Bett” – und schon ist er unters Bett gekrochen – “jetzt auf dem Schrank” – usw. Man kann sich über kleine Dinge freuen... Sie hat ihm zum Geburtstag eine FliegenMückenklappe geschenkt, eine dumme Entscheidung. Heute hat er versucht, das Huhn der Vermieterin zu fangen.

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