Von sonderbaren Ausflügen und vom Abschiednehmen

Mithife eines Rollers und ihren Beinen haben sie einen sensationellen Fund gemacht. Ganz unschuldig standen sie an ihrer Pforte, ahnungslos was sie erwarten würde. Schwarze Wolken hingen am Himmel, ein kalter Wind wehte, nur der Klang ihrer Schritte auf dem staubtrockenen Boden durchbrach die Stille und hier und da ein Rascheln im sandfarbenen Gras und das Verschwinden eines Eidechsenschwanzes. Instinktiv gaben sie sich die Hand, als sie die Siedlung betraten.

Dorf



Verwitterte Mauern, überwuchert zum Teil von verdorrten Schlingpflanzen, absplitternde blaue Farbe an Toren, Türen und geschlossenen Fensterläden. An Hausmauern mit Farbe gemalte Nummern, manche davon mehrfach durchgestrichen. Gärten mit rostigen Mofas, zerfallenen Stühlen, alten Fäsern, Relikte aus längst vergangenen Zeiten. Eingänge, vor denen sich haufenweise Laub angesammelt hat und verwelkte Blütenblätter. Ein schaurig schönes Geisterdorf. Nirgends ein Zeichen von menschlichem Leben, ausser die intakte Strom- und Wasserversorgung. Gespenstische Stille, verwinkelte kleine Pfade, Disteln, Gestrüpp und Steinruinen. Eine kleine Kirche, düstere verlassene Mauern, grau wie der Himmel. Sie schlichen mehr, als dass sie gingen, sprachen nicht viel. Dann entdeckte er sie, die farbige Schrothülse neben dem Weg. Von da an entdeckten sie sie alle paar Schritte, hörten irgendwann auf zu zählen und fragten sich, auf was hier wohl eine solche Jagd veranstaltet wurde. Was könnte es hier geben ausser verirrte oder verwirrte Touristen? Ein jähes Zerreissen der Stille in Form eines lauten Knalles liess sie flüchten, vorbei an einem an einen Pflock angebundenen Ziegenfell, zurück in die Zivilisation.

Ihr Weg führte sie weiter über einen kargen Berg, vorbei an einem Marmorwerk, halb fertig gebauten Häusern im Nirgendwo, die nun von Ziegenherden bewohnt werden, in eine kleine Bucht. Am steinigen Strand war ihre einzige Gesellschaft eine Gans und zwei Enten. Wirklich.
Ausserdem gab es zwei Restaurants, deren Besitzer bei jeder Kopfbewegung in ihre Richtung um die Wette winkten, fuchtelten, die Arme einladend ausbreiteten und irgendwelche Worte gegen den Wind schrien (es hatte wirklich Wind und sie haben trotzdem wirklich einen Roller gemietet und der Er hat wirklich nicht gemault).
Jedenfalls hatten sie knurrende Bäuche, konnten sich aber für keinen der Winkenden entscheiden, fuhren den langen Weg zurück, dem eisigen Wind und den Regentropfen im Sommerkleidchen schutzlos ausgeliefert, erreichten zitternd ein schmuddliges Lokal, wo sie das beste Tzaziki überhaupt assen.
Es war der Tag, an dem der Herbst die Insel erreichte.

Nun ist der Salzspender frisch aufgefüllt, die Einkäufe werden aufgebraucht und was noch im Rucksack ist wird auch dort bleiben, denn sie haben nur noch zwei Tage auf dem Mikrokosmos. Die Zeit hat sie auch hier gefunden. Plötzlich schenken sie den Oliven- und Eukalyptusbäumen, dem sinnlos blauen Meer und den ausgewaschenen Steinen wieder mehr Aufmerksamkeit im Bewusstsein, sie schon bald nicht mehr zu sehen.
Ihre Ziele sind bis jetzt erreicht:

1. Sie verlassen die Insel gemeinsam
2. Sie hat kiten gelernt (tatsächlich, sie macht es jetzt mit grosser Begeisterung und übt nun das Springen, was schon gut funktioniert, nur leider meistens ohne Brätt Pitt)
3. Er hat das Huhn gefangen
Henne Jael - 28. Sep, 11:22

Das mit dem Huhn war so:

Seit Tagen lag er ihr wegen dem Huhn der Vermieterin in den Ohren. Er wollte es unbedingt fangen und in die Arme nehmen, da er noch nie ein Huhn gehalten hatte. (Sie fragt sich, ob sich in dieser Bessesenheit vielleicht auch das Vermissen der Hühnerstall-wg widerspiegelt). Er wollte, dass sie ihm dabei hilft, weil er bei zahlreichen Versuchen kläglich gescheitert war und beinahe ehrfürchtig das huhnische Tempo lobte.
Sie weigerte sich, gab gestern jedoch entnervt den Widerstand auf und so jagten sie zu zweit das gefiderte Tier kreuz und quer durch den Garten, bis das Dummchen über die Mauer zum Nachbarn flüchtete. Nun hatten sie ein Problem, denn das Huhn fand nicht mehr zurück. So ging die Jagd von Neuem los, dieses Mal in Nachbarsgarten. Sie nahm ein Tuch mit, welches sie irgendwann über die aufgebrachte Beute warf und es packen konnte. Er nahm ihr das Bündel feierlich ab, aus dem ein verängstigter Hühnerkopf blinzelte. Augenblicklich wollte er, dass sie ein Siegerfoto von ihm und seinem Huhn schoss, wozu sie sich jedoch nicht erweichen liess. Im richtigen Garten wurde es wieder freigelassen und gluckerte noch eine ganze Weile völlig verwirrt umher.( Er war blendender Laune.)

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